Vorgeschichte

Aus Stadtgeschichte Halle
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Riesige Burganlage in der Dölauer Heide Ein gewaltiges Hügelgräberfeld wurde in der Dölauer Heide auf der Hochfläche des Langen Berges und der Bischofswiese gefunden. Die insgesamt 38 Grabstätten wurden in der Zeit von 1933 bis 1935 und von 1953 bis 1955 sowie im Zeitraum von 1962 bis 1981 freigelegt und untersucht. Überraschend für die Archäologen war dabei vor allem die Entdeckung von Spuren einer Befestigungsanlage, die zur Trichterbecherkultur (um 3000 v.Chr.) gehörte. Das Siedlungsareal war zirka 25 Hektar groß und mit Gräben, Palisaden und Toren gesichert. Es zählt damit zu den ältesten Wehrbauten auf deutschem Boden. In der Nähe wurde auch eine weitere Besonderheit geborgen, die „Döläuer Jungfrau“. Es handelt sich bei ihr um einen jungsteinzeitlichen Kultstein, den die Fachleute „Menhir“ nennen. Der Stein ist 5,8 Meter hoch, 2,6 Meter breit, hat einen Durchmesser von 0,7 bis 1,45 Metern und ist mit merkwürdigen großen Eisenspitzen versehen, die wie Nägel wirken. (Bienert 2002, S. 10)

'Die Dölauer Jungfrau bei Halle' In grauer Vorzeit soll eine Riesin nach ihrem Einkauf einmal in ein gewaltiges Gewitter geraten sein; um trockenen Fußes voranzukommen, warf sie die soeben erstandenen Brote in die sich bildenden Pfützen. Zur Strafte dafür wurde die Riesenjungfrau zu Stein. Und nun steht sie da, am Rand der Dölauer Heide. So erklärt die Sage den im 19. Jh noch 7,5 m hohen Menhir. Auch heute ist der Braunkolenquarzit mit seinen 5,8 m noch recht beachtlich. In seine ausgehöhlte Seite sind einige mittelalterliche Eisennägel eingeschlagen: vermutlich als Gegenzauber. Im Volksglauben haben sich kultische Bräuche wie der Antipathienzauber harnäckig gehalten. Sie sind auch bei anderen Menhiren nachzuweisen – an altem heiligem Ort. (Graichen, S. 354)

'Kanibalenhöhlen im Kyffhäuser' Der Traum des jungen Prähistorikers und Völkerkundlers Behm-Blancke ging in Erfüllung: so ein richtiges Heiligtum im sagenumwobenen Kyffhäuser zu entdecken, dem Berg, in dem der alte Kauser Barbarossa sitzt (s.S. 56f.). Zusammen mit der germanischen Kultstätte von Oberdorla (s.S. 362f) war die Erforschung der Höhlen von Bad Frankenhausen wohl der Höhepunkt im archäologischen Leben des achtzigjährigen Professors, der immer noch jeden Tag an seinem Schreibtisch im Weimarer Ur- und Frühgeschichtsmuseum sitzt. Das „uralte Kanibalennest“, das er ausgrub, besteht aus 20 Höhlen und Spalten, in denen Opfergaben lagen. Behm-Blancke gelang es nachzuweisen, dass hier vor rund 3000 Jahren Menschen aus religiösen Gründen Menschen opferten: die höchste Gabe an die Gottheit, die es gnädig zu stimmen, zu versöhnen galt. Doch ihm gelang noch ein weiterer Nachweis: die geopferten Menschen wurden von der Kultgemeinde rituell verzehrt. Vorwiegend gebraten, zum Teil auch gekocht. Die zahlreichen Menschenknochen mit Schnitt- und Brandspuren stammen überwiegend von Kindern und Jugendlichen. Über hundert Menschen sind hier den verehrten Mächten dargebracht worden. Mit Keulen und Beilen getötet, mit Bronzemessern in einzelne Teile zerlegt. Der sakrale Kannibalismus vereinigte die Gottheit und ihre Kultgemeinde im heiligen Mahl, das auf den Vorplätzen der Höhleneingänge stattfand. Über viele hundert Jahre war dieser Kultbezirk im Kyffhäuser für die Bewohner Thüringens, des Harzes, Hessens und des Salinengebietes um Halle von zentraler Bedeutung, die erst mit dem Vorstoß der Germanen endete. Priester(innen) müssen die Kulthandlungen geleitet haben, in denen nach dem rituellen Opfermahl die Knochen der verzehrten Menschen feierlich in die Höhlenspalten versenkt wurden; zusammen mit Spinnwirteln, Nadeln, Schmuck, nach der Ernte geschnittenem Stroh, Fackeln, geschnitzten Holzstäben, Salz, geröstetem Getreide du schnurartig zusammen gedrehten Menschenhaaren. Im Mittelpunkt dieses Zentralheiligtums eines größeren Stammes stand eine nur von Fackeln zu erhellende Höhle tief im Inneren des Berges. Die Funde bezeugen „eigentümliche Riten“ zur Verehrung von zwei weiblichen Wesen, die eine heilige Einheit bildeten. (Vgl. Demeter/Kore mit ihrem reinen Freuaenfest, die dann in den Mysterien von Eleusis verehrt wurden.)

Zugang: An der Westseite des Kosakenbergs, 2,5 km nordwestlich von Bad Frankenhausen Die B 80 Halle-Nordhausen. In Sangerhausen nach Bad Frankenhausen. Straße Richtung Sondershausen, 900 m nach Ortsausgangsschild Kreuzung mit Feldweg (links altes Gehöft). Hier nach rechts, an der einzeln stehenden hohen Kastanie vorbei. 800 m den Weg folgen. Die Eingänge zum Höhlensystem liegen hinter einer scharfen Rechtskurve rechter Hand im Steilhang unterhalb des Plateaus. Vorsicht! Gefährlich! Literatur: Höhlen – Heiligtümer – Kannibalen, Leipzig 1958;

(Graichen, S. 358f.)