Vorgeschichte

Aus Stadtgeschichte Halle
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Riesige Burganlage in der Dölauer Heide Die Dölauer Jungfrau bei Halle


'Kanibalenhöhlen im Kyffhäuser' Der Traum des jungen Prähistorikers und Völkerkundlers Behm-Blancke ging in Erfüllung: so ein richtiges Heiligtum im sagenumwobenen Kyffhäuser zu entdecken, dem Berg, in dem der alte Kauser Barbarossa sitzt (s.S. 56f.). Zusammen mit der germanischen Kultstätte von Oberdorla (s.S. 362f) war die Erforschung der Höhlen von Bad Frankenhausen wohl der Höhepunkt im archäologischen Leben des achtzigjährigen Professors, der immer noch jeden Tag an seinem Schreibtisch im Weimarer Ur- und Frühgeschichtsmuseum sitzt. Das „uralte Kanibalennest“, das er ausgrub, besteht aus 20 Höhlen und Spalten, in denen Opfergaben lagen. Behm-Blancke gelang es nachzuweisen, dass hier vor rund 3000 Jahren Menschen aus religiösen Gründen Menschen opferten: die höchste Gabe an die Gottheit, die es gnädig zu stimmen, zu versöhnen galt. Doch ihm gelang noch ein weiterer Nachweis: die geopferten Menschen wurden von der Kultgemeinde rituell verzehrt. Vorwiegend gebraten, zum Teil auch gekocht. Die zahlreichen Menschenknochen mit Schnitt- und Brandspuren stammen überwiegend von Kindern und Jugendlichen. Über hundert Menschen sind hier den verehrten Mächten dargebracht worden. Mit Keulen und Beilen getötet, mit Bronzemessern in einzelne Teile zerlegt. Der sakrale Kannibalismus vereinigte die Gottheit und ihre Kultgemeinde im heiligen Mahl, das auf den Vorplätzen der Höhleneingänge stattfand. Über viele hundert Jahre war dieser Kultbezirk im Kyffhäuser für die Bewohner Thüringens, des Harzes, Hessens und des Salinengebietes um Halle von zentraler Bedeutung, die erst mit dem Vorstoß der Germanen endete. Priester(innen) müssen die Kulthandlungen geleitet haben, in denen nach dem rituellen Opfermahl die Knochen der verzehrten Menschen feierlich in die Höhlenspalten versenkt wurden; zusammen mit Spinnwirteln, Nadeln, Schmuck, nach der Ernte geschnittenem Stroh, Fackeln, geschnitzten Holzstäben, Salz, geröstetem Getreide du schnurartig zusammen gedrehten Menschenhaaren. Im Mittelpunkt dieses Zentralheiligtums eines größeren Stammes stand eine nur von Fackeln zu erhellende Höhle tief im Inneren des Berges. Die Funde bezeugen „eigentümliche Riten“ zur Verehrung von zwei weiblichen Wesen, die eine heilige Einheit bildeten. (Vgl. Demeter/Kore mit ihrem reinen Freuaenfest, die dann in den Mysterien von Eleusis verehrt wurden.)

Zugang: An der Westseite des Kosakenbergs, 2,5 km nordwestlich von Bad Frankenhausen Die B 80 Halle-Nordhausen. In Sangerhausen nach Bad Frankenhausen. Straße Richtung Sondershausen, 900 m nach Ortsausgangsschild Kreuzung mit Feldweg (links altes Gehöft). Hier nach rechts, an der einzeln stehenden hohen Kastanie vorbei. 800 m den Weg folgen. Die Eingänge zum Höhlensystem liegen hinter einer scharfen Rechtskurve rechter Hand im Steilhang unterhalb des Plateaus. Vorsicht! Gefährlich! Literatur: Höhlen – Heiligtümer – Kannibalen, Leipzig 1958;

(Graichen, S. 358f.)