Luther und die Reformation in Halle
Dreyhaupt berichtet ausführlich über die Geschichte die Reformation in Halle. Natürlich offensichtlich aus der Perspektive eines Lutheraners, etwa 200 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen.
Seine Perspektive macht er in der Einleitung deutlich, indem er die vorreformatorische Zeit mit folgenden drastischen Worten beschreibt: „der gemeine Mann sowol, als auch die Geistlichen stacken in äusserster Blindheit, und die letzteren lebten überdem grossen Theils in solchen abscheulichen Lastern, dass es sogar den gemeinen Layen zum größesten Ärgerniß gereichte.“ „Als aber endlich die Unwissenheit und der Aberglaube gegen das Ende des funfzehnten und zu Anfang des sechzehnten Sec. Gar so weit ging, dass der Dominikanermönch, Johann Tezel, den Ablaß auf eine recht gotteslästerliche Art predigte, so erweckte der barmherzige Gott den sel. Lutherum, dass er ihm den 31. Oct. 1517 in einer öffentlichen Disputation 95 Thesen entgegen setzte; wodurch vielen die Augen aufgethan, und der Anfang zu einer gesegneten Reformation gemacht wurde.“
Bald nach Luther Thesenanschlag verbreiteten sich die Lehren Luthers durch „kleine deutsche Schriften, Predigten und Gesänge zur Ausbreitung des Evangelii“ auch in Halle.
Wie schnell Luthers Lehre Einzug fand, belegt Dreyhaupts Bericht über den „Probst, zum Neuen Werke, M. Nicolaus Demuth, ein Favorit Alberti “, der 1523 „nebst zwey Conventualen, wie auch mit deren Pfarrern zu St. Getrud und zu U.L.Fr. aus dem Closter, nach Sachsen (kamen), und sich insgesamt zur Evangelischen Lehre bekannten; welchen nachher viele andere folgten, so dass 1528 nur noch vier Möche im Closter übrig waren. (Bd. 1, S. 140). Ebendies taten die Marien-Knechte oder Neuen Brüder (Bd.1, S. 793); und der im Neuen Stifte zur Domkirche bestellte Prediger, M. Georg Winkler (Bd. 1, S. 140.820 f.). Jetzt bringt Dreyhaupt die schauerliche Geschichte des erzbischöflichen Rathes D. Johann Krausens, die „bey der Hallischen Bürgerschaft einen sehr grossen Eindruck“ machte. „Er hatte bereits das Abendmahl unter beiderlei Gestalt genossen. Als aber seine Frau mit zwey Töchtern, in seiner Abwesenheit, nieder kam, und dabey sie selbst und die Kinder verstarben; ward er dergestalt schwermütig, dass er nicht in seinem Hause, sondern bey guten Freunden schlief. Indessen lief aus Maynz von Alberto ein Befehl an die zurück gelassene Hof- und Regierungsrähte ein, dass ihrer keiner das Abendmahl unter beyderlei Gestalt genießen sollte. Weil nun Krause sich vor der Ungnade Alberti fürchtete: stimmte er, anders als die übrigen Räthe, dahin, das die Communion unter einerley Gestalt recht wäre. Und so empfing er sie auch selbst bald hernach. Allein darüber gerieht er vollends in eine solche Schwermuth, dass gar kein Trost an ihm halten wollte. Er brach gegen seine Freunde in die Worte aus: ich habe Christum verläugnet; der verläugnet nun auch mich vor seinem himmlischen Vater; ich bin verdammt und verlohren. Hiernächst machte er sein Testament, und begab sich wieder in sein Haus. Endlich am 1. Nov. Fan man ihn in seiner Cammer hinter dem Bette todt in seinem Blute liegen. Er hatte sich die Kehle abgeschnitten, drey Löcher in den Hals, drey ins Herze, und eins in den Nabel gestochen. Sein Stoßdegen lag unter ihm, un das Brotmesser neben ihm. Man hob ihn gerichtlich auf, und begrub ihn zu S. Moritz. Albertus wolte zwar seine Thalgüter, als verwürktes Guth, einziehen: jedoch aber gab er der Fürbitte nach, und ließ sie Ao. 1528 bey der Lehntafel seiner Kinder, gegen Erlegung 1000 Fl. zuschreiben. Die Beispiele der Geistlichen verfehlte ihre Wirkung nicht: „Als (…) die Einwohner sahen, dass sich die Geistlichen und Religiosenselbst zur Lutherischen Lehre bekenneten; und Albertus überdem ein Closter, Kirche undCapelle nach der andern einziehen und abbrechen ließ: so ward die Ausbreitung derselben immer allgemeiner.“ Als Cardinal Albrecht 1531, nach seiner Wiederkunft, „den Abfall vom Papstthum gewahr ward: bezeigte er sich höchst unwillig darüber, kehrte aber anfänglich gelinde Mittel vor, und forderte jedermann durch ein Mandat, so er an den Rath gelangen ließ, zu der gewöhnlichen Ostercommunion auf. Der Magistrat war grösstenten Theils über diese Nachricht betrübt, und beschloss den Cardinal zu bitten, er möchte, weil sie dies Gewissens bewgen nicht thun könnten, desfalls keine Ungnade auf sie werfen. Dreyhaupt berichtet hier von einer Begebenheit am Palmsonntag. Während eines feierlichen Gottesdienstes legte sich Albrecht auf den Boden und ließ sich mit von zwei Messdienern mit langen Röhren schlagen und dabei singen: „ich schlage den Hirten, und die Schaafe werden sich zerstreuen. Ein Hallknecht, der dies sahe, schrie über laut: mit einem Flegel, das Rohr ist viel zu leichte. Dieserwegen warf der Cardinal einen großen Groll auf die Stadt.“ Jetzt beginnt ein schier endloses Ringen zwischen Albrecht und dem Rath. (Fortsetzung folgt in Kürze)