Juden in Halle

Aus Stadtgeschichte Halle
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Seit wann Juden in Halle siedelten

  • Der Probst des Klosters zum Neuwerk schreibt, er habe „gewisse Dokumente in hebräischer Sprache gefunden, dass bereits vor Christi Geburt Juden allhier bewohnet hätten“ (die Angabe ist „ungewiss“ lt. Erläuterungen der güldenen Bulle Teil 1, S. 844 von Canzler von Ludwig)[1]
  • Besser belegt: im 10 Jh. Siedelten Juden in Magdeburg und auch in Halle: „als die Kaiser ,Ottones, das Erzstift gestiftet, haben sie ihm auch die in demselben wohnhaften Juden mit übergeben[2].
  • Erste Erwähnung von Juden in Halle durch den spanischen Juden Ibrahim ibn Jakub. Er erwähnt in seinem Reisebericht über die Slawenlande aus dem Jahre 965 jüdische Salzwerke am Fluss Salawa. Ein genauer Standort lässt sich aber nicht nachweisen[3].
  • Neuhaus führt eine sagenumwogene Überlieferung auf, wonach die Juden während der Kriege unter den Persern ca. 100 Jahre nach dem Auftreten des falschen Propheten Mohamed aus Persien geflohen und nach Russland, Aschkanas (=Deutschland) und ססבונניא gekommen seien zu den Juden, welche dort vorher lebten, und im Besonderen in die Stadt היילא, (nach anderer Lesart האל) wo Mar Sutra begraben liegt. Dort war Schulhaupt Binjamin ben Serach und 5 andere Männer. Unter ססבונניא könnte Slovonia, aber auch Saxonia gemeint sein, und letzteres ist wahrscheinlich unter Berücksichtigung der folgenden Stadtangabe. Denn welche Stadt könnte unter היילא gemeint sein, wenn nicht Halle?[4]
  • Aus alten Berichten geht hervor, dass Gerüchte über uralte Siedlungen im Sachsenlande und in Halle im Besonderen verbreitet waren. Wie aber Mar Sutra, ein babylonischer Hochschullehrer aus dem 5. Jahrhundert nach Halle kommt und dort begraben wird, ist nicht recht erklärlich.[5]
  • Erste Urkundliche Erwähnung von Juden in Halle stammt aus dem Jahre 1184. „Erzbischof Wichmann von Magdeburg gründete das Kloster Seeburg und schenkte ihm jährlich 2 Mark, welche allerdings von den hallenser Juden zu zahlen wären“[6]. Dazu bei Dreyhaupt: Um 1013 wohnten schon viele Juden in Halle und entrichteten dem Erzbischof ein Schutzgeld, „von welchem auch Wichmann der Probstey zu Seeburg zwey Mark jährlich verschrieben hat.“[7]
  • „Grube[8] vermutet eine Judenniederlassung schon zur Zeit der sorbischen Siedlungen. Da es an Beweisen hierfür mangelt und auch nicht zu ersehen ist, woher im 8. Jahrhundert Juden hätten kommen können, zumal zu dieser Zeit nirgends sonst in Thüringen oder Sachsen Juden weilen, muss diese Vermutung zurückgewiesen werden. Erst gegen Ende des 10. Jahrhunderts können Judensiedlungen in Halle angenommen werden.[9]
  1. Dreyhaupt Bd. 2, S. 442
  2. Vgl. Dreyhaupt I, S.9
  3. Dietzel, 1992, S. 10
  4. Neufeld 1915, S. 33
  5. Neufeld 1915, S. 34
  6. Dietzel, 1992, S. 12
  7. Vgl. Dreyhaupt I, S.22
  8. Grube, Johannes Busch, Augustinerprobst zu Hildesheim, Freiburg i. B. 1881; zit. bei Neufeld 1915, S. 16
  9. Neufeld, 1915, S. 16

Lage des Judendorfes

  • Die Lage des Judendorfes in Halle ist durch archäologische Grabungen nachgewiesen worden. Schon die erste Ringmauer Halles umschloss die jüdische Ansiedlung. Sie war relativ groß und umfasste die Fläche von der Neumühle über das Areal der Moritzburg bis zum Kirchhof der alten Ulrichkirche. Der Friedhof lag außerhalb auf dem Gelände des heutigen Jägerplatzes. Ein Probst des Klosters Neuwerk, Johannes Buschius, schrieb, dass man zu seiner Zeit (1448/56) auf dem jüdischen Friedhof zu Halle uralte Grabsteine mit hebräischer Schrift sehen konnte. Nach der Vertreibung der halleschen Juden von 1493 ließ Kardinal Albrecht den Friedhof zwischen 1534 und 1537 zum Bau der Jägerbastion einebnen. Beim Verlegen von Fernheizungsrohren nördlich vom heutigen Jägerplatz und an der Großen Wallstraße entdeckten im Jahre 1987 Bauarbeiter Körpergräber, die von Mitarbeitern des Museums für Ur- und Frühgeschichte ausgewertet wurden. Es ließen sich ein slawischer und ein jüdischer Friedhof nachweisen.
    • Dreyhaupt dazu: Die Juden wohnten neben dem ehemaligen schwarzen Schlosse, wo jetzt die Moritzburg ist, nach dem Neumarkt zu, welcher Platz das Judendorf genennt ward, und begriff die Gegend vom Ulrichsthore nach der Saales, den Jägerberg und Jägerplatz bis in die Fleischergasse auf dem Neumarkt.
    • Jahn dazu: Lage des ehemaligen Judendorfes etwa "auf dem Dreieck, welches heute durch Moritzburg, Lazareth, Schlossberg und Paradeplatz bestimmt wird." Ersichtlich "auf der nach Olearius` Angaben angefertigten Karte von J. C. Homann "Darstellung des Grundrisses der Stadt Halle, Nürnberg ca. 1720""
  • Lage des ehemaligen Judendorfes etwa "auf dem Dreieck, welches heute durch Moritzburg, Lazareth, Schlossberg und Paradeplatz bestimmt wird." (W. Jahn, Halles älteste Befestigung im Nordwesten und das Judendorf, zitiert bei Neufeld, S. 24 )
  • Der Bericht von W. Jahn ist zu finden unter: http://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00211604/neumittaudeg_1885-89_17_0517.tif
  • Ersichtlich "auf der nach Olearius` Angaben angefertigten Karte von J. C. Homann "Darstellung des Grundrisses der Stadt Halle, Nürnberg ca. 1720""(Neufeld, S. 24)
  • Die Mikwah (rituelles Badehaus) der Juden befand sich nach Jahn auf dem Gelände der späteren Moritzburg. „Tauchhaus ist nichts weiter als „Badehaus“, eine unbenaue Wiedergabe des hebräischen Wortes (mikwah), d.h. Sammelplatz des Wassers, mit welchem die Juden ihre, nach ganz besondern Vorschriften angelegte offizielle Badeanstalt bezeichneten, in der namentlich die Frauen sich den von dem Ritus geforderten periodischen Waschungen unterwarfen. Dieses Badehaus also, welches wir uns zusammen mit den damit verbundenen Räumlichkeiten, die der Erholung dienten, als ein stattliches Gebäude vorzustellen haben, war es, welches sich auf dem der Saale zugekehrten Teile desjenigen Platzes erhob, der noch heute von den Ruinen der Moritzburg eingenommen wird.“
  • Dietzel meint dagegen, „archäologische Ausgrabungen im Jahre 1985 brachten einen als Brunnen gedeuteten gemauerten Schacht an der Nordostecke des heutigen Physikalischen Instituts an Tageslicht, der möglicherweise als Mikwe gedient haben mag.“
  • Im Jahr 1474 stellt Erzbischof Johannes dem Juden Gossmann einen Schutzbrief auf drei Jahre aus und erlaubt ihm, mit seiner Familie und seinem Gesinde „uff unserm Nwenmarckte vor unser stad halle ader andersswo In unserm lande“ zu wohnen
  • Die Mikwah (rituelles Badehaus) der Juden befand sich nach Jahn auf dem Gelände der späteren Moritzburg.
  • Dietzel meint dagegen, „archäologische Ausgrabungen im Jahre 1985 brachten einen als Brunnen gedeuteten gemauerten Schacht an der Nordostecke des heutigen Physikalischen Instituts an Tageslicht, der möglicherweise als Mikwe gedient haben mag.“
  • Nach der Vertreibung der Juden um 1450 bleiben die Häuser der Juden „grösstenteils erhalten; die rituelle Badeanstalt wurde abgebrochen und an ihre Stelle das Pfeiferhaus gesetzt. Da jedoch einige von einander unabhängige Quellen nur von einer Versetzung des Pfeiferhauses ins Judendorf sprechen, so ist es auch möglich, dass es an der Stelle anderer Judenhäuser aufgebaut wurde, dass dagegen die Badeanstalt weiter bestand.
  • Das Judendorf muss von ziemlichem Umgange und wohl bewohnt gewesen seyn; wie aus einem 1314 ausgestellten Diploma erhellet und auch daran zu erkennen ist, dass auf dem Neumarkt hin und wieder an den Häusern Eck- und Schwellsteine mit hebräischer Schrift gefunden werden. Vermuthlich sind auch manche mit in den Mauern verbraucht worden; wie sich denn in des Pastoris Wohnung nach von außen ein solcher Stein eingemauert findet. (Laurentius Pfarrhaus)


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