Die Vertreibung Christian Wolffs aus Halle

Aus Stadtgeschichte Halle
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Vertreibung Christian Wolffs aus Halle

entnommen aus Die Causa Christan Wolff, Kleine Schriftenreihe der Franckeschen Stiftungen 15, Hrsg. A. Pecar, H. Zaunstöck, T. Müller-Bahlke

  • Chistian Wolff (1679-1754) war seit 1706 Professor für Mathematik an der Universität Halle (damals: Friedrichs Universität), 1723 erfolgte die Ausweisung durch den preußischen König Friedrich Wilhelm I.

Eine kurze Beschreibung des Höhepunktes des Konfliktes

  • am 12.Juli 1721 wurde das Amt des Prorektors von Christian Wolff dem Theologen Jochim Lange übertragen
  • in seiner Prorektoratsrede vor allen Professoren und Studenten provozierte Christian Wolff mit den Ausführungen seiner Lehre, gegen die sich die Theologen (insb. Joachim Lange) schon zuvor zu Wehr gesetzt hatten, es kam zu einem öffentlichen Auseinandersetzung, die bis in die Regierung weitergeleitet wurde
  • Eine der Inhalte der Wolffschen Lehre ist die Beschreibung der praktische Philosophie der Chinesen, deren ethischen und moralischen Maßstäbe nicht aus göttlicher Offenbarung sondern "allein aus der Vernunft" entsprangen und für Wolff der Moral der Christen ebenbürtig erschienen
  • ein weiterer Streitpunkt (nicht nur von Seiten der Theologie) war die Protektion des Schülers Ludwig Philipp Thümming, der durch Wolff während seiner Zeit als Prorektor gegen den Willen der eigenen Fakultät zum außerorderlichen Professor der Philosophischen Fakultät befördert wurde. Andere Kollegen und Wolff Schüler sahen sich zurückgesetzt.
  • Daniel Strähler (einer der Wolff Schüler) veröffentlichte 1723 eine Schrift Prüfung der vernünftigen Gedanken des Herrn Hoff-Rath Wolffes von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, in der er sich mit die Lehre Wolffs kritische auseinander setzte und zahlreiche Fehler aufzeigte. Wolff forderte ein Verbot der Schriften und eine Bestrafung Stählers für dessen "Schmähungen", er wendet sich im Laufe des Konflikten bis an den König persönlich. Die Regierung vertreten durch den Oberkurator von Printzen stellte sich auf die Seite Wolffs
  • die theologische Fakultät unternahm mehrere Anläufe um die Regierung und den König auf die aus ihrer Sicht skandalöse Lehre aufmerksam zu machen. Sie baten Wolff zu ermahnen. Er solle sich auf sein Lehrgebiete, die Mathematik und Physik, beschränken.
  • der König bittet Francke um eine Zusammenfassung der Lehre Wolffs und einen Bericht über Thüming, Francke antwortet noch am gleichen Tag
  • am 8.11.1723 entschied der König unter Androhung des Todes, dass Wolff innerhalb 48h Halle zu verlassen, diese Entscheidung war für alle Seiten unerwartet
  • Wolff wurde von der Universität Marburg aufgenommen und in allen Ehren zum Professor der Philosophie ernannt
  • auf Empfehlung von Francke hin wurde die Stelle von Wolff durch Johann Joachim Lange (der Sohn von Joachim Lange) und die Stelle von Thüming durch Daniel Strähler besetzt

Berichterstattung

  • Anhänger Wolffs brandmarkten die Ausweisung als ein Anschlag der Theologen der Universität auf die geistige Freiheit insb. der Philosophie
  • die Frontstellung zw. den Theologen und dem Philosophen wurde als Konflikt zw. Pietismus und Aufklärung überhöht (z.B. Schriften von Wilhelm Schraders (19. Jh) über die Geschichte der Universität Halle und Eduard Winter (20.Jh))
  • die Forschung (insb. im 20 Jh) ergriff Partei zugunsten Christian Wolffs und stilisierte die Ausweisung zu einem plakativen Beispiel religiöser Intoleranz stilisiert


Hintergründe