August Hermann Francke

Aus Stadtgeschichte Halle
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.

August Hermann Francke und seine gesellschaftstrasformierende Wirkung

August Hermann Francke und der Pietismus

„Im Rahmen des Pietismus lässt sich Gesellschaftstransformation in Deutschland eindrücklich studieren.[1] Eine der umfassendsten Wirkungen geht dabei von den Hallischen Anstalten und August Hermann Francke aus.“ [2]

Franckes Entwicklung ist wesentlich geprägt durch den Einfluss von Philipp Jakob Spener (1635 – 1705). In dessen „Pia desideria“ hat er mit der „Hoffung auf bessere Zeiten“ eine „neue Sicht hinsichtlich der Eschatologie entwickelt, die naturgemäß Auswirkungen auf die Weltgestaltung hat.“ Wer von neuem geboren ist, der kann auch in einer neuen Weise Verantwortung für die Gestaltung der Welt übernehmen. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Wiedergeburt zu, die Spener in seiner Wiedergeburtslehre darlegt. Diese Wiedergeburt begreift er „als ein den Menschen in seinem Inneren umwandelnden, erneuernden und zum Tun des Guten befähigendes Geschehen.“[3] „Der wiedergeborene Glaube verwandelt und erneuert die verdorbene Natur des Menschen durch die Kraft des Heiligen Geistes. So kann der Mensch Gutes tun.“[4] Er tut in dieser Welt „als erneuerter Christ seine Pflicht, ist der Gerechtigkeit verpflichtet, z.B. für gerechte Entlohnung, korrekte Maße und Gewichte, angemessene Zinsen, und berechtigte Preise.“[5] Da lebendiger Glaube nicht erzwungen werden kann, konzentriert sich Spener auf die Sammlung der Frommen in den Collegia pietatis. „Der Glaubende kann im Vertrauen auf Gottes vollendetes Wirken in der Welt positiv wirken.“[6] Das wirklich Neue bei Spener ist, dass er dem wiedergeborenen Menschen zutraut, mit dem Tun des Guten schon hier zu beginnen und ihn herausfordert, „dem Wirken des Heiligen Geistes in der Seele zu glauben“.[7] Spener fühlt sich wie später auch Francke bei seinem Wirken ganz der Tradition und dem Geist der lutherischen Orthodoxie verbunden.[8] „Im Was der Lehre ist sich Spener ganz einig mit der Tradition. Ihn bestimmt vielmehr das Wie der Lehre, ihr Lebendigwerden im Einzelnen. Im Unterschied zur lutherischen Tradition lehrt Spener aber den lebendigen Glauben nicht nur als von außen, von Gott kommendes Wirken. Sondern in der Wiedergeburt begreift er ihn als Wirkung im Subjekt, als ein den Menschen in seinem Inneren umwandelndes, erneuerndes und zum Tun des Guten befähigendes Geschehen“[9]

Biografische Vorstellung Franckes

„Franke wir in Lübeck geboren. Mit 7 Jahren verliert er seinen Vater. Durch seine ältere Schwester erlebt er als Zehnjähriger eine erste Erweckung zur ganzen Hingabe an Gott, liest Arndts „Wahres Christentum“ und puritanische Erbauungsliteratur. Seine Persönlichkeit entwickelt allmählich eine weltverneinende Struktur. 1679 beginnt er sein Studium in Erfurt, im selben Jahr erhält er ein Familienstipendium, das ihn auf die Orthodoxie samt den Bekenntnisschriften verpflichtet. Schwierigkeiten mit dem Hebräischen, das er auf Wunsch seines Onkels erlernen soll, der das Stipendium verwaltet, führen zur Unterbrechung von Stipendium und Studium, ab 1684 studiert er in Leipzig, 1685 wird er (endlich!) Magister, womit er Collegien halten darf. Ab 1686 hält er ein Collegium philobiblicum gemeinsam mit Spener nahestehenden Mitstudenten, in dieser Zeit trifft er auch Spener selbst, der nach dem Besuch im Collegium zur erbaulicheren Behandlung der Bibelbetrachtung rät. Im Rückblick sieht Francke diese Zeit kritisch:

„Was mein Christentum betrifft, ist dasselbe, sonderlich in den ersten Jahren, da ich in Leipzig gewesen, gar schlecht und lau gewesen. Meine Intention war, ein vornehmer und gelehrter Mann zu werden; reich zu werden und in guten Tagen zu leben, wäre mir nicht unangenehm gewesen (…) Ich war mehr bemüht, Menschen zu gefallen und mich in ihre Gunst zu setzen als dem lebendigen Gott im Himmel. (…) Über Gott habe ich wohl keine Ursache mich zu beklagen. Denn Gott unterließ nicht, mein Gewissen oftmals gar kräftig zu rühren und mich durch sein Wort zur Buße zu rufen.“[10]

„Anno 1687“ erlebt Francke im Herbst nach einer inneren Krise seine Bekehrung in Lüneburg: Während der Vorbereitung auf eine Predigt über Joh. 20,31 bemerkt er, dass es ihm an einem „lebendigen Glauben“ mangelt. Nach diesem inneren Zusammenbruch bricht ihm sein Glaube an Gott buchstäblich weg, Francke betet weiter zu Gott, und schließlich kommt es zu einer neuen Gewissheit Gottes. Er berichtet selbst:

„In solcher großen Angst legte ich mich nochmals am erwähnten Sonntagabend nieder auf meine Knie und rief an den Gott, den ich noch nicht kannte noch glaubte, um Rettung aus solchem elenden Zustande (…). Da erhörte mich der Herr, der lebendige Gott, von seinem heiligen Thron, da ich noch auf meinen Knien lag. So groß war seine Vaterliebe, dass er mir nicht nach und nach solchen Zweifel und Unruhe des Herzens wieder wegnehmen wollte, woran mir wohl hätte genügen können, sondern damit ich desto mehr überzeugt würde und meiner verwirrten Vernunft ein Zaum angelgt würde, gegen seine Kraft und Treue nichts einzuwenden, so erhörte er mich plötzlich. Denn wie man eine Hand umwendet, so war all mein Zweifel hinweg; ich war versichert in meinem Herzen der Gnade Gottes in Christo Jesu (…). Denn es war mir als hätte ich in meinem ganzen Leben gleichsam in einem tiefen Schlaf gelegen und als wenn ich alles nur im Traum getan hätte und wäre nun erst aufgewacht (…) als wenn ich tot gewesen wäre und siehe, ich war lebendig geworden.“[11]

Der Glaube an Gott ist Francke erst weggebrochen, niemand hat ihm helfen können, dann erlebt er eine plötzliche Zuwendung Gottes, die ihm fröhlich und glücklich macht. Nicht weiteres nachdenken und kein menschlicher Rat führt den Neuanfang herbei, sondern die plötzlich erfahrene Zuwendung Gottes. Dieser Bericht Franckes steht so für die neue Form von Frömmigkeit: die bewusste Bekehrung zu Gott, die zur evidenten Glaubensgewissheit führt und die an ein bestimmtes Ereignis geknüpft wird. „Die plötzliche, datierbare und einmalige Bekehrung – Spener noch fremd – ist durch Francke in den Pietismus gekommen.“ (…) In Leipzig beginnt er zusammen mit Freunden, Kollegs und Bibelauslegungen vor Studenten und Bürgern der Stadt zu halten. Es kommt eine Erweckung, die bald in Konflikt mit den orthodoxen Theologen der Universität und den örtlichen Kirchenverantwortlichen gerät und mit der Unterdrückung der Pietisten endet. Spener vermittelt Francke schließlich 1692 eine Pfarrstelle in Glaucha bei Halle; außerdem wird er Professor an der neu gegründeten Universität in Halle. An der Universität setzt sich Francke für eine Reform des Theologiestudiums ein: biblische Sprachen, Exegese und Praktische Theologie werden zu zentralen Unterrichtsfächern; erstmals werden homiletische Übungen angeboten. Durch Spener erhält Francke Kontakte in Regierungskreise in Berlin, die dem Pietismus nahe stehen. Francke scheint an der Schwelle zu seiner beruflichen Laufbahn stark von Spener beeinflusst. Er nimmt dessen „Hoffnung auf bessere Zeiten“ auf und die Herausforderung zur positiven Weltgestaltung an. Wie Spener erwartet er, dass Gott ihm die Aufgaben zeigt und für das Gelingen sorgt.[12]

Franckes Arbeit in der Kirchengemeinde Glaucha

„Als Francke seine Stelle antritt, ist Halle im wirtschaftlichen Niedergang begriffen und das hat auch Auswirkungen auf Glaucha: durch die Pest von 1682 ist die Bevölkerung von rd. 1200 auf 744 Einwohner gesunken, zwei Brände verwüsten die angeschlagene Stadt in den Jahren danach. Von den 200 Häusern sind 37 Wirtshäuser, die besonders am Sonntag viele Menschen anziehen. Eine Schule gibt es nicht, das kirchliche Leben weist zahlreiche Missstände auf, Franckes Vorgänger hat wegen eines Ehebruchdeliktes seine Stelle aufgeben müssen. Wie beginnt man in einer so schwierigen Lage als Pfarrer? Zunächst setzt er bei der kirchlichen Zucht ein: Wer das Glaubensbekenntnis unzureichend kennt oder unsittlich lebt, wird vom Abendmahl ausgeschlossen. (…) Durch seinen weiteren Umgang mit radikalen Pietisten, zu denen auch das Ehepaar Petersen und eine Reihe von Ekstatikerinnen und Visionärinnen zählen, bietet er seinen Gegnern weiteren Grund zur Klage und Kritik. So wird eine Untersuchungskommission eingesetzt, die den Glauben Franckes und seines Universitätskollegen Breithaupt prüfen soll. Zu den Vorwürden gehören de Konventikel wegen der Gefahr der Separation und der Verbreitung von Irrlehren, die Behauptung ethischer Vollkommenheit u.ä.. Breithaupt und Francke bestreiten die Vorwürfe, „beharren auf der Notwendigkeit der inneren Berufung zum Predigtamt, der Untrennbarkeit von Rechtfertigung und Heiligung und dem Recht zu Hausandachten der Gläubigen ohne Aufsicht der Geistlichen.“[13] Die Übereinstimmung der Beklagten mit der Augsburger Konfession wird schließlich festgestellt, die Zusammengehörigkeit von Rechtfertigung und Heiligung wir für alle Pfarrer in Halle verbindlich, Breithaupt und Francke wollen das Amt ihrer Kollegen künftig respektieren. Weiter hält Francke seine Collegia pietatis, verschiebt sie aber vom Abend in den späten Nachmittag, worauf die Teilnehmerzahl sich von 20 auf 250 erhöht. (…) Mit dem zunehmenden Wachstum des Waisenhauses wird Franckes Stellung gestärkt, auch wenn es weiter Spannungen gibt. 1715 wird Francke dann Pfarrer an St. Ulrich in Halle. Die Beziehung zur Orthodoxie bleibt gespannt, formal bleibt Francke auf der Grundlage der lutherischen Bekenntnisschriften, methodisch wirkt er aber in Speners Spuren.“[14]

Das neue diakonische Werk in Glaucha

„Berühmt wird Francke nicht wegen seiner Arbeit als Theologieprofessor an der Universität Halle und auch nicht als erwecklich wirkender Gemeindepfarrer von Glaucha. Beide Verantwortungen werden ihn reichlich Zeit gekostet haben, aber er gründete noch ein Waisenhaus. Die Anfänge für diese neue Betätigung liegen in seiner Arbeit als Pfarrer. Wenn die Armen sich wöchentlich eine Spende beim Pfarrer abgeholt haben, führte er mit ihnen ein religiöses Gespräch und entdeckte dabei die große Unwissenheit dieser Menschen, namentlich der Kinder, die wegen des Schulgeldes keine Schule besuchen können. So beginnt er Anfang 1695 in seinem Bekanntenkreis, Geld zu sammeln, stellt eine Spendenbüchse auf und wartet auf Gottes Signal. Nach ein paar Monaten erhält er 4 Taler und 16 Groschen – mit diesem Kapital eröffnet er eine Armenschule, stellt einen armen Studenten als Lehrer an und kauft Schulbücher. Zunächst klappt nicht alles sofort: Manche Kinder bleiben weg, verkaufen durch die Armut bedingt ihre Bücher, Francke macht weiter, die Bücher bleiben künftig in der Schule. Aber dann passiert es. Bürger möchten ihre Kinder gegen Schulgeld unterrichten lassen, bereits im Sommer 1695 besuchen über 50 Kinder die Schule, für die Räume in der Nachbarschaft angemietet werden müssen. Da die Kinder der Armen in eher verwahrlosten Verhältnissen leben, entwickelt Francke die Idee eines Internates. Bals kommen 12 Waisenkinder zu ihm, zugleich erhält er größere Geldbeträge, so dass im Oktober ein Haus gekauft werden kann. Ab Pfingsten 1695 beginnt man auch mit der Ausbildung Adliger, für die eine eigene Internatsschule eingerichtet wird (seit 1702 wird die Einrichtung „Pädagogium Regium“ genannt.“[15]


Fazit und Diskussion

Was zeichnet das Wirken Franckes in Halle aus? Was kennzeichnet seinen erfolgreichen Aufstieg? Er geht den Weg eines klaren Bekenntnisses, weiß dabei gut, welchen wichtigen Verbündeten er in Spener hat. Die Pfarrstelle in Glaucha bietet ihm ein Einflussfeld, von dem aus er agieren kann. Angriffen begegnet er mit kampfesbereiter Abwehr. Er lässt sich nicht als Separatisten oder Häretiker abstempeln. Entsprechende Vorwürfe contert er geschickt mit einer klaren Positionierung zum lutherischen Bekenntnis. Er interpretiert die geltenden Wurzeln der lutherisch-orthodoxen Theologie neu und überzeugend aus seiner Perspektive und hat damit Erfolg. Später wird er sich stellenweise gegen Separatisten und Schwärmer abgrenzen und auch das dient ihm, um sein Einflussgebiet möglichst nicht zu gefährden. So findet er ein großes Wirkungsfeld, dass ihm den Weg bis in die Preußische Regierung hinein öffnet.


  1. Der folgende Artikel orientiert sich vorwiegend an einem Aufsatz von Klaus Meiß:"Die Erweckung in Halle und ihre gesellschaftstransformierende Wirkung"
  2. Klaus Meiß in „Die Welt verändern“ Teil 2, Marburg an der Lahn 2009, S. 193
  3. Gremels 2002, S. 242
  4. Meiß 2009, S. 194
  5. Vgl. Speners „Evangelische Lebenspflichten“ 1688 sowie Gremes 2002, S. 207 ff.
  6. Meiß 2009, S. 194
  7. ebenda
  8. Vgl. Meiß 2009, S. 193
  9. Gremels 2002, S. 242
  10. Bekehrungsbericht Franckes
  11. ebenda
  12. Meiß 2009, S. 196
  13. Brecht 1991, S. 459
  14. Meiß 2009, S. 197 f.
  15. Meiß 2009, S. 198

Francke und die sogenannten Schwärmer

Francke unter dem Vorwurf der spiritualistischen Schwärmerei

Zu Beginn der neunziger Jahre belasten starke Konflikte Franckes Gemeindearbeit. „Die orthodoxe Stadtgeistlichkeit hatte wegen seiner Betstunden den Vorwurf der Konventikelbildung gegen ihn erhoben, der Leipziger Prediger Magister Gabriel Chrstoph Maquart und der Archidiakon Albrecht Chrstian Roth haben ihn der spiritualistischen Schwärmerei verdächtigt.[1] Er hat sich in seinen Streitschriften [2] und Kampfpredigten [3] dagegen zur Wehr gesetzt.“

Francke und die „begeisterten Mägde“

Erhard Peschke gibt in der Einleitung zu Franckes „Entdeckung der Bosheit“ eine umfassende Schilderung der Hintergründe des Streits zwischen Francke und Marquart.[4] Die Einleitung wird daher an dieser Stelle weitgehend wörtlich übernommen.[5] Im Sommer 1692 veröffentlichte der Leipziger Prediger Magister Gabriel Christoph Marquart die „eigentliche Nachricht "Von Dreyen Begeisterten Mädgen / Der Halberstädtischen Catharinen / Quedlinburgischen Magdalenen / und Erffurtischen Liesen / Aus Zehen unterschiedenen eingelauffenen Schreiben zusammen getragen von M. August Hermann Francken / der Zeit Pastore zu Glauche vor Halle“[6] (HB 33 D 2, 644ff.). Es handelt sich um eine Sammlung von Briefen über die sogenannten „begeisterten Mägde“ an Francke.[7] Francke hatte die Schriftstücke seinem Beichtvater, dem Ammendorfer Pfarrer David Ehrius, zur Einsichtnahme anvertraut. Dieser ließ sie durch seinen Informator Johann Christoph Löser ohne Wissen Franckes abschreiben. Die Kopien sind dann im Hause von Ehrius von zwei Theologiestudenten namens Hillemann und Ferber abgeschrieben worden[8]. Eine dieser Abschriften gelangte in die Hände Marquards, der sie publizierte um Francke zu diskreditieren. Nach Ehrius und Francke enthält der Druck eine Reihe sinnentstellender und zu Missverständnissen Anlass gebender Abweichungen vom Originaltext [9]. Francke erkannte in der Veröffentlichung der Briefe einen besonders geschickten Schachzug seiner Feinde und entschloss sich sofort zu einer Entgegnung. Am 6. August übersandte er Spener den Entwurf einer Antwortschrift und bat ihn, nach eingehender Durchsicht und Korrektur für eine schnelle Drucklegung zu sorgen. Wenige Tage später, am 9. August, ließ er Spener eine neue, überarbeitete Fassung zugehen, mit der Bitte, sie drucken zu lassen, falls die Drucklegung der ersten Fassung noch nicht zu weit vorangeschritten sei. (Kramer, Beiträge, 244ff.) Spener hatte inzwischen den ersten Entwurf bereits dem Geheimen Rat Franz von Meinders vorgelegt[10]. Dieser billigte den Inhalt und ließ Francke raten, das Manuskript mit der Bitte um Publikationserlaubnis einem Memorial an den Kurfürsten beizufügen. Am 16. August sandte Francke das Memorial mit der zweiten Fassung seines Aufsatzes an Spener. Erneut stellte er ihm frei, gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen. (…) Schon am 3. September bedankte sich Francke für die ersten 150 Exemplare. Die literarische Auseinandersetzung war damit jedoch noch nicht beendet. Marquart verfasste als Entgegnung auf die „Entdeckung der Bosheit“ die „Kurtze Antwort Auff M. August Hermann Franckens / Pfarrers zu Glauche bey halle / Entdeckte Boßheit über Seine drey begeisterte Mägde“ (HB 33 D 2). Auch von anderer Seite scheint man die Schrift angegriffen zu haben[11]. . Nach Angabe Marquards ist sie in Leipzig sogar konfisziert worden (HB 33 D 2, 672). Francke hat auf diese Angriffe nicht mehr geantwortet."

Fazit und Diskussion

Francke meint in seiner "Entdeckung der Bosheit" zu den Mitteilungen der "begeisterten Mägde"[12], dass „ein jeder verständiger und unpartheyischer Leser auch in solchen mit dem Original nicht völlig übereinstimmenden Copeyen nicht wird zu finden wissen, daran er billiche Ursache habe sich zu stoßen obwohl unverständige und eingenommene Gemüter sich an allem auch an Gottes Wort selbst ärgern.“[13]

Insgesamt sagt Francke in seiner Rechtfertigungsschrift neben dieser kurzen Bemerkung nichts weiter über die Prophetinnen. Er schreibt im weiteren Verlauf ausschließlich über seine Arbeit als Theologe und gründet seine Arbeit auf seinem festen Glaubensfundament. Die Schrift enthält also in keiner Weise eine Abgrenzung gegen die „begeisterten Mägde“. Damit kann angenommen werden, dass sich sowohl Francke als auch Spener [14], die "begeisterten Mägde" und ihre religiösen Erfahrungen gegen jede Form von Angriffen und Diffamierungen verteidigt und die angreifende Position als unbiblisch und haltlos zurückgewiesen haben. Die Lektüre der von Marquart abgedruckten Briefe sind durchaus sehr interessant. Jeder, der sich über das Thema ein Bild machen möchte, sollte die Quellen im Original lesen. (vgl. Anmerkung 5)

Links zu den Originalquellen in der Digitalen Bibliothek:

August Hermann Francke

„Entdeckung der Bosheit / So mit einigen jüngst unter seinem Nahmen fälschlich publicierten Brieffen von dreyen so benahmten begeisterten Mägden zu Halberstadt / Quedlinburg und Erffurt begangen. http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd17/content/pageview/796812

Gabriel Christoph Marquart

„eigentliche Nachricht Von Dreyen Begeisterten Mädgen / Der Halberstädtischen Catharinen / Quedlinburgischen Magdalenen / und Erffurtischen Liesen / Aus Zehen unterschiedenen eingelauffenen Schreiben zusammen getragen von M. August Hermann Francken / der Zeit Pastore zu Glauche vor Halle“ http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10270601_00005.html

  1. Deppermann 73 ff.
  2. TGP II/1, 145f.; Kramer1, 112ff.; Deppermann 78ff.
  3. TGP II/1, 145f.; Kramer1, 109ff.; Deppermann 73ff.
  4. Link zu der Ausgabe in Googel-Books: https://books.google.de/books?id=6zF46X_5qnwC&printsec=frontcover&dq=%EF%82%A7%09August+Hermann+Francke+Streitschriften+Erhard+Peschke+1981&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjMvuWD25PMAhWGjSwKHfAdBCAQ6wEIHjAA#v=onepage&q=%EF%82%A7%09August%20Hermann%20Francke%20Streitschriften%20Erhard%20Peschke%201981&f=true
  5. August Hermann Francke: Streitschriften, Hrsg. Erhard Peschke 1981, S. 145ff.
  6. Zu finden unter: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10270601_00005.html (dabei handelt es sich um die Schrift von Marquart und nicht (wie dort angegeben) um eine Schrift Franckes
  7. vgl. Grünberg, Ph. J. Spener, I, 273ff.
  8. zu den Einzelheiten vgl. vorl. Bd. S. 214ff.; Kramer, Beiträge, 243f.
  9. Kramer, Beiträge, 243f.
  10. Kramer, Beiträge, 246
  11. Kramer, Beiträge, 259f.
  12. „Entdeckung der Bosheit". Link: http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd17/content/pageview/796812
  13. Francke: „Entdeckung der Bosheit", S. 3f.. Link: http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd17/content/pageview/796820
  14. als wiederholter Adressat der Briefe und in dieser Angelegenheit wichtiger Berater von Francke